Die Radiosynoviorthese (im Folgenden RSO) bedeutet: Wiederherstellung/Erneuerung (Orthese) der Gelenkschleimhaut (Synovialis) mit Hilfe von radioaktiven Isotopen. Sie ist eine sehr wirksame Methode, die bei schmerzhaften entzündlichen Gelenkerkrankungen schon seit über 2 Jahrzehnten eingesetzt wird. Der Schwerpunkt der zu behandelnden Krankheiten ist die chronische Polyarthritis (entzündlicher Gelenkrheumatismus). Bei dieser Therapie handelt es sich jedoch nicht um eine ausschließlich rheumabezogene Therapieform. Mit ihr können auch andere Formen einer Synovitis/Arthritis wie z.B. Psoriasisarthritis, Morbus Bechterew mit peripherer Gelenkbeteiligung, Morbus Reiter als auch die villonoduläre Synovialitis, Lymearthritis (Borreliose) und Arthritis bei Hämophilie behandelt werden. Unter Synovialitis versteht man eine Entzündung der Gelenkschleimhaut (Synovialis). Diese entzündlich veränderte Gelenkschleimhaut kann im vorangeschrittenem Stadium den Gelenkknorpel zerstören und in den Knochen eindringen, dabei zu Zerstörungen von Bändern und Sehnen führen. Oftmals ist es nicht möglich nur durch rein medikamentöse Behandlung diesem Entzündungsprozess Einhalt zu gebieten. Oft sind auch operative Eingriffe erforderlich. Alternativ hierzu kann jedoch auch die Radiosynoviorthese in der Frühform der Gelenkentzündung eingesetzt werden. In ein erkranktes Gelenk wird mit Hilfe einer einfachen Punktion ein radioaktiver Stoff injiziert (gespritzt):
Großes Gelenk (Kniegelenk): 90Yttrium-Zitrat.
Mittleres Gelenk (Schulter-,
Ellenbogen-, Hand-, Hüft-, Sprunggelenke): 186Rhenium-Sulfid.
Kleine Gelenke (Finger -und Zehengelenke): 169Erbium-Zitrat.
Bei diesen 3 Stoffen handelt es sich um sogenannte Betastrahler. Diese Strahler haben eine sehr kurze Reichweite von 0.5- ca. 4 mm, sind auf dieser Strecke aber zellzerstörend. Die (physikalische Halbwertszeit ist kurz: 90Yttrium-Zitrat: 2,7 Tage, 186Rhenium-Sulfid 3,7 Tage und.169Erbium-Zitrat: 9,4 Tage.)
Nach der Injektion in das Gelenk kommt es zu einer gleichmäßigen Verteilung in der Gelenkflüssigkeit. Die radioaktiven Stoffe, gebunden an winzige Partikel, werden von den oberflächlichen Zellen der kranken Gelenkschleimhaut aufgenommen, so dass sich die erwünschte Wirkung dieser radioaktiven Substanzen an der Oberfläche der kranken Gelenkschleimhaut abspielt. Im Laufe der nächsten Zeit kommt es zu einer allmählichen Verschorfung der Gelenkschleimhautoberfläche mit Abnahme der Schleimhautschwellung. Dies führt zu einer Rückbildung der Ergussflüssigkeit im Gelenk, zu einer Verminderung des Schmerzes und zu einer Besserung der Gelenkfunktion. Die Wirkung tritt allmählich ein, manchmal schon nach wenigen Tagen, in manchen Fällen auch erst nach Wochen oder Monaten. Die endgültige Wirkung lässt sich erst nach etwa 3 bis 6 Monaten beurteilen.
a.) Strahlenschutz Gruppengespräch:
Vor Durchführung einer RSO werden die Patienten zu einem Gruppenaufklärungsgespräch eingeladen (siehe hierzu Patientenaufklärungsbogen im Anhang). Diesen Aufklärungsbogen bitten wir freundlichst aus dem Internet runterzuladen, aufmerksam durchzulesen und zum Gruppenaufklärungsgespräch mitzubringen. Sobald der Patient sich zur Durchführung der RSO entschieden hat, muss dieser Aufklärungsbogen vom Patient unterschrieben werden.
b.) Durchführung der Radiosynoviorthese:
Die Haut über dem Gelenk wird desinfiziert. Dann wird unter sterilen Bedingungen mit einer dünnen Nadel eine Punktion des Gelenkes vorgenommen, meist unter Durchleuchtung (oft mit zusätzlicher Gabe einer lokal entzündungshemmenden und schmerzlindernden Substanz (Lederlon)).Die für den Patient vorbereitete radioaktive Substanz wird dann über die liegende Nadel in das Gelenk injiziert, die Nadel wird anschließend mit Flüssigkeit durchspült um ein Verbleiben des Radionuklids im Einstichkanal zu verhindern und daraufhin herausgezogen. Nach Durchführung der Radiosynoviorthese müssen die behandelten Gelenke für 48 bis 72 Stunden ruhiggestellt werden. Zur Ruhigstellung erfolgt eine Fixation des Gelenkes durch eine orthopädische Schiene. Nach Ablauf der 72 Stunden soll das Gelenk wieder voll belastet werden.
c.) Gibt es mögliche Nachteile der Radiosynoviorthese ?
Wichtig ist, dass die radioaktive Substanz absolut sicher in die Gelenkhöhle injiziert wird, damit das gesunde Gewebe nicht zerstört wird. Daher wird unmittelbar vor der Injektion der radioaktiven Substanz eine Durchleuchtung mit einem Röntgenbildwandlergerät durchgeführt:
- Zur Beurteilung der korrekten Position der Nadel im Gelenk.
- Zur Beurteilung und Beschaffenheit der Ausdehnung der Gelenkhöhle.
Prinzipiell sind Nebenwirkungen möglich. In wenigen Fällen kann es am ersten Tag zu einer sogenannten Strahlensynovialitis kommen, die sich in einem Reizerguss äußern kann. Dann ist z.B. das Kniegelenk etwas geschwollen (mitunter sogar mehr als vorher) und manchmal überwärmt. Es kann sich ein Kribbeln oder ein leichtes Stechen im Gelenk einstellen. Mit kalten Umschlägen oder einer Eismanschette ist diese vorübergehende Erscheinung immer zu lindern. Auch die absolute Ruhigstellung des behandelten Gelenkes (siehe oben) hilft den Reizerguss zu vermeiden.
Bei nicht vollständiger Freispülung des Stichkanals oder Parainjektion („Fehlspritzen“) ist es jedoch möglich, dass im Gewebe ein kleines Radionukliddepot verbleibt. Dies äußert sich durch eine lokale Hautrötung, in sehr seltenen Fällen durch eine leichtgradige Einziehung der Haut und Gewebsnekrose (lokal verminderte Gewebsdurchblutung). Dies ist eine absolute Rarität. Eine erfolgreiche Behandlung dieser lokalen Hautveränderungen ist meistens mittels lokaler Kortisonunterspritzung möglich.
d.) Wie ist die Strahlenbelastung?
Die Strahlenbelastung beschränkt sich nahezu ausschließlich auf die kranke Gelenkschleimhaut. Die angrenzenden Gewebe werden nicht geschädigt. Aufgrund des Verbleibens des Radionuklids in der Gelenkhöhle und des weitgehend fehlenden Abtransport über das Blut werden gelenkferne Körpergegenden nicht betroffen.
Aufklärungsbogen zum Download
(Kortison und RSO Direktvergleich (englisch) 1997)
(RSO bei entzündlichen Gelenkerkrankungen 2000)
(Die Radiosynoviorthese 2002)
(Radiosynoviorthese bei Psoriasis Arthritis 2003)
(Probleme nach stattgehabter RSO (englisch) 2006)